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Veröffentlichung mit Lücken: Was in den Epstein-Akten fehlt

Veröffentlichung mit Lücken: Was in den Epstein-Akten fehlt

Veröffentlichung mit Lücken: Was in den Epstein-Akten fehlt

Opfer des verurteilten Sexualstraftäters Jeffrey Epstein wie auch demokratische und republikanische Abgeordnete haben harsche Kritik an der Art und Weise der lange erkämpften Veröffentlichung der Akten geübt. Viele Informationen, die mehr Aufschluss über – finanzielle – Hintergründe und mögliche an den Verbrechen beteiligte Prominente geben könnten, fehlen.

In den veröffentlichten Dokumenten sind viele bekannte Informationen, dafür keine Finanzunterlagen, interne Memos von Staatsanwälten, die Epsteins mutmaßliches Sexhandelsnetzwerk untersuchten, sowie Materialien aus Razzien in Epsteins Häusern zu finden, berichtete etwa das Magazin "Politico". Nichts zu finden sei auch von Staatsanwältin Maurene Comey, die Ermittlungen gegen Epstein und seine Vertraute Ghislaine Maxwell geleitet hatte und die im Juli vom Dienst entlassen wurde.

Per Gesetz darf das Justizministerium Bilder, auf denen etwa sexueller Missbrauch und andere Straftaten zu sehen sind, weiterhin zurückhalten genauso wie Akten, die einen "ungerechtfertigten Eingriff in die Privatsphäre darstellen". Gestoppt werden kann auch die Veröffentlichung von Informationen, die mögliche Ermittlungen und Gerichtsverfahren gefährden würden.

Das Justizministerium veröffentlichte am Freitag, kurz vor Ablauf der Frist und auf gesetzlichen Druck, einen Bruchteil der gesamten Epstein-Dokumentation. Zu finden waren etwa Protokolle, Druckaufträge, Verhörprotokolle und eine Checkliste des FBI. Viel wurde geschwärzt, ein großer Teil des Materials war bereits zuvor bekanntgeworden.

Laut CBS waren mindestens 550 Seiten vollständig mit schwarzen Rechtecken bedeckt. Unklar blieb, nach welchen Kriterien die Veröffentlichung der Akten entschieden wurde. Aus dem Justizministerium hieß es, dass weitere Dokumente in den kommenden Wochen veröffentlicht werden sollen. Eine Sprecherin des Weißen Hauses verteidigte die Vorgehensweise und bezeichnete die Regierung von US-Präsident Donald Trump als "transparenteste in der Geschichte".

Das Justizministerium begründete die Schwärzungen mit dem notwendigen Schutz für die Hunderten Opfer Epsteins. Es sei Material zurückgehalten worden, das zur Identifizierung von Opfern und ihren Angehörigen führen könnte.

Die Behörde setze verschiedene Taktiken ein, um Trumps Verbindung zu Epstein "zu verbergen und zu verschleiern", analysierte der "Guardian". Genannt wurde etwa die teilweise und späte Veröffentlichung kurz vor einem Wochenende, aber auch die fehlenden Erwähnungen Trumps mit Ausnahme von einigen Bildern. Trump war mehrere Jahre eng mit Epstein befreundet.

Justizministerin Pam Bondi hatte laut Berichten schon Anfang des Jahres Trump mitgeteilt, dass sein Name in den Epstein-Akten zu finden sei. Das spiegelt sich in den bisher veröffentlichten Akten nicht wider. Umso mehr dafür wurde der demokratische Ex-Präsident Bill Clinton in den Vordergrund gespielt – mit Fotos, auf denen Clinton etwa in einem Pool unter anderem mit Maxwell zu sehen ist.

Schon in den vergangenen Wochen versuchte Trump immer wieder, die Aufmerksamkeit auf Clinton zu lenken, und behauptete, dass dieser auf Epsteins Privatinsel gewesen sei. Dieser Darstellung widersprach Trumps Stabschefin Susie Wiles in einem "Vanity Fair"-Interview aber. Es gebe keine Beweise dafür. Dennoch versuchte das Weiße Haus auch am Freitag, politisches Kapital aus der Veröffentlichung der Clinton-Bilder zu schlagen.

Angel Urena, der Sprecher Clintons, reagierte empört und deutete an, dass die Veröffentlichung dieser Fotos inszeniert worden sei, um von Trumps Verbindungen zu Epstein abzulenken: "Das Weiße Haus hat diese Akten nicht monatelang versteckt, nur um sie spät an einem Freitag zu veröffentlichen, um Bill Clinton zu schützen", so Urena. "Es geht darum, sich selbst vor dem zu schützen, was als Nächstes kommt, oder vor dem, was sie für immer zu verbergen versuchen werden." Clinton hatte schon zuvor betont, "nichts über die schrecklichen Verbrechen" gewusst zu haben.

Für den republikanischen Abgeordneten Thomas Massie verstößt die Freigabe "in grober Weise gegen den Geist und den Wortlaut des Gesetzes". Ähnlich argumentierte auch der demokratische Minderheitsführer im Senat, Chuck Schumer: "Die bloße Veröffentlichung einer Unmenge geschwärzter Seiten verstößt gegen den Geist der Transparenz und den Wortlaut des Gesetzes." Das Ministerium habe nur einen Bruchteil der gesamten Beweismittel veröffentlicht.

Sein Parteikollege, Senator Adam Schiff, will Justizministerin Bondi vor den Justizausschuss des Senats laden und Antworten darauf verlangen. Massie und der demokratische Abgeordnete Ro Khanna überlegen, ein Amtsenthebungsverfahren gegen Bondi vorzubereiten. Bisher wurde nur ein Prozent der gemeldeten 300 Gigabyte an Daten veröffentlicht.

Das US-Justizministerium hat nach eigener Darstellung bei der Veröffentlichung von Akten zum Skandal des verstorbenen Sexualstraftäters Jeffrey Epstein keine Dateien verändert, um Präsident Donald Trump zu schützen. Nichts werde deswegen zurückgehalten, sagte der stellvertretende Justizminister Todd Blanche am Samstag bei ABC News.

"Die Vertuschung geht weiter", zitierte die "New York Times" Jess Michaels, eines der frühesten bekannten Opfer Epsteins. Auch andere Frauen vermissten angesichts der Art und Weise der Veröffentlichung die Transparenz. Zu finden war hingegen eine FBI-Anzeige aus dem Jahr 1996 von Maria Farmer, einem weiteren Epstein-Opfer. Ihre Anwältin, Jennifer Freeman teilte der BBC mit, dass Farmer vor fast 30 Jahren die Anzeige beim FBI wegen "Kinderpornografie" erstattet habe. Darin habe sich Farmer beschwert, dass Epstein persönliche Fotos gestohlen habe, die sie von ihren damals zwölf und 16 Jahre alten Schwestern gemacht hatte.

Sie glaubte, dass die Fotos an potenzielle Käufer verkauft worden seien. In dem Bericht des FBI heißt es auch, dass Epstein Farmer gedroht habe, ihr Haus niederzubrennen, wenn sie jemandem davon erzähle. "Hätte das FBI ihr (Farmer, Anm.) nur zugehört und ihr Aufmerksamkeit geschenkt (...), hätten über tausend Opfer verschont bleiben und 30 Jahre Trauma vermieden werden können", sagte Freeman.

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