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Katar zu Gaza-Plan: „Nächste Schritte sehr schwierig“

Katar zu Gaza-Plan: „Nächste Schritte sehr schwierig“

Katar zu Gaza-Plan: "Nächste Schritte sehr schwierig"

Nach dem Abkommen über eine Waffenruhe im Gaza-Krieg wird im ägyptischen Scharm al-Scheich nun über die weitere Umsetzung des von US-Präsident Donald Trump vorgelegten 20-Punkte-Plans verhandelt. Die Gespräche für die nächste Phase zwei seien bereits angelaufen, so der Sprecher des katarischen Außenministeriums, Madschid al-Ansari, am Dienstag samt der Anmerkung: "Die nächsten Schritte werden sehr schwierig sein."

Alle Beteiligten arbeiteten rund um die Uhr, um sicherzustellen, dass bei den indirekten Verhandlungen zwischen der Hamas und Israel und zwischen Phase eins und zwei keine "zeitliche Lücke" entstehe, wie Ansari gegenüber dem US-Sender Fox News sagte.

Bei den nun in Verhandlung befindlichen Schritten geht es unter anderem um die Sicherung des Küstengebiets, wofür im Plan eine internationale Schutztruppe vorgesehen ist, und die künftige Verwaltung Gazas. "Wir haben viele Diskussionen zu Phase zwei aufgeschoben, um sicherzustellen, dass Phase eins stattfindet", so Ansari. Jetzt müsse man dafür sorgen, dass der Krieg nicht erneut beginnt.

Dafür muss zunächst auch die erste Phase des Trump-Plans mit der Übergabe der toten Geiseln aus dem Gazastreifen an Israel abgeschlossen werden. Bisher übergab die Hamas zwar die letzten 20 lebenden Geiseln, aber lediglich vier von insgesamt 28 Leichnamen toter Geiseln.

Nach der zwischen Israel und der radikalislamischen Terrororganisation am Freitag beschlossenen Waffenruhe sollten laut der Vereinbarung binnen 72 Stunden, also bis Montagmittag, alle lebenden und toten Geiseln freikommen. Im Austausch kamen wie vereinbart am Montag 1.968 palästinensische Häftlinge in Israel frei.

Beim Durchbruch in den Verhandlungen über die erste Phase spielte nach Angaben des US-Nachrichtenportals Axios ein Treffen des US-Sondergesandten Steve Witkoff und des Schwiegersohns von Trump, Jared Kushner, mit dem höchsten Vertreter der Hamas im Ausland, Chalil al-Hajja, eine wichtige Rolle.

Witkoff und Kushner hätten Hajja und vier weitere ranghohe Hamas-Vertreter für etwa 45 Minuten getroffen in einem Luxushotel. Sie hätten dabei die Botschaft Trumps übermittelt, dass die Hamas fair behandelt werde und dass Trump für die Umsetzung der 20 Punkte in seinem Friedensplan für Gaza sorgen werde. Nach dem Treffen habe sich die Hamas zu Gesprächen mit den Vermittlern Katars, Ägyptens und der Türkei zurückgezogen.

Kurz darauf sei der ägyptische Geheimdienstchef Hassan Raschad zu Witkoff und Kushner gekommen und habe gesagt: "Beruhend auf dem Treffen, das soeben stattgefunden hat, haben wir einen Deal." Wenige Tage später wurde die Einigung zwischen der Hamas und Israel über die Waffenruhe verkündet.

Das Treffen ist der zweite direkte Kontakt von US-Vertretern und der Hamas seit Beginn des Gaza-Krieges. Im März gab es bereits direkte Gespräche zwischen der Hamas und dem US-Geiselbeauftragten Adam Boehler, um die Freilassung des amerikanisch-israelischen Doppelstaatlers Edan Alexander aus Gaza zu erreichen.

Nach mehr als zwei Jahren Krieg mit Zehntausenden Toten und weitgehender Zerstörung hofft die Welt auf dauerhaften Frieden im Gazastreifen. Mit einer Zeremonie in Scharm al-Scheich wurde die Waffenruhe durch die Vermittlerstaaten Montagabend formell besiegelt. Die Unterzeichnung gibt dem US-Friedensplan Rückenwind – es sind aber noch große Fragen ungelöst.

Auch Frankreichs Präsident Emmanuel Macron warnte nach der Zeremonie vor zu viel Euphorie. "Eine Terrorgruppe mit Tausenden Kämpfern, Tunneln und solcher Bewaffnung zerschlägt man nicht über Nacht". Macron äußerte Befürchtungen vor einem Machtvakuum im Gazastreifen, das die Hamas füllen könnte. Man wisse, "wie es bei terroristischen Gruppen läuft", so Macron. Er befürchte "in den kommenden Wochen und Monaten Terroranschläge und Destabilisierung".

Die Hamas wurde durch den Krieg erheblich geschwächt, lehnt die im US-Friedensplan vorgesehene Entwaffnung aber weiterhin strikt ab. Seit Beginn der Feuerpause versucht die Gruppe, sich als Ordnungsmacht im Gazastreifen zu positionieren, und zeigt verstärkt wieder Präsenz.

In den letzten Tagen mehrten sich Berichte, wonach Kämpfer der Hamas gegen Gegner vorgegangen seien. Den Angaben zufolge seien zuletzt 32 Personen, die einem Familienclan in Gaza-Stadt nahestehen, von Hamas-Kräften getötet worden. Zudem sei die rechte Hand eines Anführers einer rivalisierenden Gruppe getötet worden. In einem am Montag im Netz verbreiteten Video sei zu sehen, wie Bewaffnete mindestens sieben Männer auf offener Straße erschießen.

Die palästinensische Nachrichtenagentur WAFA legte am Dienstag einen Bruch des Waffenstillstands durch Israel nahe. In Gaza-Stadt seien im Viertel Schedschaija mehrere Menschen durch Schüsse von einer Drohne getötet worden.

Auch die israelische Armee sprach von einer Verletzung der Vereinbarung über die Waffenruhe. Mehrere Personen hätten eine im Rahmen des Waffenruheabkommens festgelegte Grenze überquert. Da sich diese auch auf mehrmalige Aufforderung nicht zurückgezogen hätten, sei das Feuer eröffnet worden.

Es handle sich bisher um einen Waffenstillstands- und keinen Friedensvertrag, wie der Nahost-Experte Daniel Gerlach am Montag gegenüber der ZIB2 sagte. So wie andere Experten erwartet auch Gerlach noch einen "langen Weg" bis zu einem echten Friedensvertrag zwischen Israel und der Hamas.

"Ein Ende des Krieges ist noch lange kein Frieden", schrieb die "Washington Post". Der Zeitung zufolge bestünden die "unmittelbaren Prioritäten" nun darin, humanitäre Hilfe in den Gazastreifen zu bringen und eine funktionierende palästinensische Regierungsverwaltung aufzubauen. "Das wird Jahre, wenn nicht Jahrzehnte dauern", dennoch gebe nun einen wichtigen ersten Schritt zu feiern.

Gegenüber dem Ö1-Morgenjournal sprach am Dienstag auch der Vertreter der Palästinensischen Autonomiebehörde in Österreich, Salah Abdel Schafi, von Freude und Erleichterung über das Waffenstillstandsabkommen. Der US-Friedensplan hinterlasse aber auch "viele offene Fragen". Frieden sei nicht nur die Abwesenheit von Krieg. "Frieden erfordert viel mehr."

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