Im Ringen zwischen Washington und Peking um den Verkauf der Kurzvideoplattform TikTok in den USA zeichnet sich eine Lösung ab. Eine führende Rolle soll künftig dem US-Softwarekonzern Oracle zukommen, berichteten US-Medien am Dienstag. Firmengründer Larry Ellison, ein Vertrauter von US-Präsident Donald Trump und kurzzeitig reichster Mensch der Welt, mischt unterdessen auch bei einem anderen Milliardendeal in den USA mit.
Nach mehrfachen Drohungen, TikTok in den USA zu verbieten, hatte Trump der Videoplattform abermals eine Gnadenfrist gewährt. Die App soll trotz eines US-Gesetzes zu ihrem Aus zunächst mindestens bis zum 16. Dezember verfügbar bleiben.
Von der US-Regierung hieß es, es gebe „einen Rahmen für einen TikTok-Deal“ mit China, wo der bisherige Eigentümer ByteDance seine Zentrale hat. Trump und Staatschef Xi Jinping würden die Vereinbarung bei einem Gespräch am Freitag besiegeln, sagte US-Finanzminister Scott Bessent.
Die Vereinbarung sieht laut US-Medien die Übernahme des US-Geschäfts von TikTok durch ein Konsortium aus US-Firmen vor. Der Datenbankspezialist Oracle soll – wie schon bisher – die technische Basis für die App bereitstellen. Die Daten der US-Userinnen und -User sollen in Oracles Rechenzentren im Bundesstaat Texas verarbeitet werden, berichtete das „Wall Street Journal“ („WSJ“) am Dienstag.
Oracle sowie die US-Investmentfirmen Silver Lake und Andreessen Horowitz bekommen laut „WSJ“ nach der Einigung 80 Prozent an einer neuen US-Tochterfirma von TikTok, ByteDance die verbleibenden 20 Prozent. Die Hoheit über den Algorithmus, der bestimmt, welche Videos den Nutzerinnen und Nutzer angezeigt werden, soll in China bleiben. TikTok werde im US-Geschäft weiter auf den in China entwickelten Algorithmus zugreifen, so die „Financial Times“. Das US-Gesetz schreibt eigentlich vor, dass weder die chinesische Regierung noch ByteDance Kontrolle über den Algorithmus haben dürfen.
Der 81 Jahre alte Ellison und seine Familie sind aktuell auch in die milliardenschwere Übernahme von Warner Bros Discovery durch den Rivalen Paramount Skydance involviert. Chef von Skydance ist David Ellison, Sohn des Oracle-Gründers. Der Schritt würde nicht nur zwei der traditionsreichsten Hollywood-Studios zusammenführen, sondern auch einen Riesen auf dem Medienmarkt schaffen. Zum Warner-Imperium gehören etwa CNN und HBO Max; Nickelodeon, MTV und Paramount+ sind Teil des Skydance-Konzerns.
Das Vorhaben kommt nur wenige Wochen nachdem Skydance Paramount Global für 8,4 Milliarden Dollar (rund 7,2 Mrd. Euro) übernommen hat. Einem Bericht der Nachrichtenagentur Reuters zufolge dürfte der Warner-Skydance-Zusammenschluss auf kartellrechtliche Bedenken stoßen. Allerdings könnte die Kartellabteilung des Justizministeriums unter dem Republikaner Trump nachsichtiger sein als die unter seinem demokratischen Vorgänger Joe Biden.
Als Faktor für das Zustandekommen könnte sich das gute Verhältnis von Trump und dem Oracle-Gründer erweisen. Trump nennt Ellison einen „Freund“, die Beziehung der beiden führt zurück bis in Trumps erste Amtszeit. Der 81-Jährige war bereits des Öfteren in Trumps Anwesen Mar-a-Lago in Florida und im Präsidentenbüro im Weißen Haus zu Gast.
Ellison wurde 1944 in New York geboren und wuchs bei seiner Tante auf. Nach mehreren Studienabbrüchen und einer Karriere als Programmierer gründete er 1977 mit zwei anderen die Firma Software Development Laboratories, aus der Oracle hervorging. „Oracle“ war zunächst der Codename für eine Datenbank des US-Auslandsgeheimdienstes CIA, die er betreute. Seit 1983 heißt das gesamte Unternehmen so.
Das Unternehmen wurde mit Datenbanklösungen groß. In den vergangenen Jahren schuf sich die Firma stetig wichtiger werdende Standbeine in den Bereichen Cloudcomputing. Anwendungen und Datenbanken liegen dabei vereinfacht gesagt nicht mehr lokal gespeichert auf Computern oder Smartphones, sondern im Internet. Zudem soll Oracle laut Medienberichten einen Milliardenauftrag beim Aufbau von Infrastruktur hinter der künstlichen Intelligenz (KI) in den USA erhalten haben.
Ellison pflegt zudem gute Kontakte zum aus Südafrika stammenden Tech-Milliardär Elon Musk. Zur Übernahme des Kurznachrichtendienstes Twitter, nunmehr X, durch Musk im Jahr 2022 steuerte Ellison eine Mrd. Dollar bei. Ellison besitzt neben Villen und einer der größten Segeljachten der Welt auch ein Segelteam, ein altes englisches Pub sowie eine gesamte hawaiianische Insel.
An Oracle hält der 81-Jährige nach wie vor etwa 40 Prozent. Vergangene Woche führte das dazu, dass Ellison laut „Bloomberg“ Musk kurzzeitig als reichsten Menschen der Welt ablöste. Nach der Präsentation besonders guter Geschäftszahlen schoss der Kurs der Oracle-Aktie um ein Drittel nach oben.
Am Ende des Börsentages lag Musk mit einem Gesamtwert von 384,2 Mrd. Dollar (324,3 Mrd. Euro) wieder vor dem Oracle-Gründer, der es auf 383,2 Mrd. (323,5 Mrd. Euro) brachte. In der Liste der Superreichen des US-Wirtschaftsmagazins „Forbes“ ist Musk auf Platz eins mit 440 Mrd. Dollar (371,4 Mrd. Euro), gefolgt von Ellis mit rund 400 Mrd. (337,7 Mrd. Euro).