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Schimpansen konsumieren täglich Alkohol

Schimpansen konsumieren täglich Alkohol

In freier Wildbahn konsumieren Schimpansen deutlich mehr Alkohol als bisher angenommen. Wie eine neue Studie zeigt, nehmen erwachsene Tiere durch vergorene Früchte im Schnitt 14 Gramm Alkohol pro Tag zu sich – das entspricht umgerechnet einem kleinen Bier.

Für die Forschung untersuchten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der University of California, Berkeley (UC Berkeley) Schimpansen in Ngogo in Uganda und in Taï in Côte d’Ivoire. Primatenforscherinnen und -forscher beoabchteten dort, dass die Tiere rund 4,5 Kilogramm Früchte pro Tag konsumieren. Obst macht rund drei Viertel ihres Ernährungsplans aus, täglich nehmen Schimpansen demnach etwa fünf bis zehn Prozent ihres Körpergewicht als reifes Obst zu sich.

Viele dieser Früchte beinhalten allerdings teils beträchtliche Alkoholanteile. Aleksey Maro vom Institut für Integrative Biologie an der UC Berkeley untersuchte dafür zufällig ausgewählte Früchte von 20 Obstsorten, die auf dem Speiseplan der Schimpansen stehen. Dabei stellte sich heraus, dass die Früchte einen Alkoholanteil von rund 0,26 Prozent aufweisen. Gemessen an der hohen Menge verspeisten Obsts pro Tag, sei Alkohol ein wesentlicher Bestandteil des Speiseplans der Schimpansen, so Maro.

„An allen Standorten nehmen männliche und weibliche Schimpansen täglich etwa 14 Gramm reines Ethanol über ihre Nahrung auf", erklärt der Biologe. Das entspricht etwa der Alkoholmenge eines kleinen Biers (0,33 l, 4,8 Prozent) oder eines gut eingeschenkten Doppelten Schnapses (4 cl, 33 Prozent).

Rechnet man diese Menge auf das Körpergewicht eines Schimpansen um, der im Schnitt 40 Kilogramm wiegt, so entspricht das einer Alkoholwirkung beim Menschen von knapp der doppelten Menge – also zwei kleine Bier bzw. zwei doppelte Schnapseinheiten. Die Angaben beziehen sich allerdings auf einen über den ganzen Tag verteilten Konsum.

Unklar ist, ob Schimpansen alkoholhaltige Früchte bevorzugen, weil diese mehr Zucker haben, oder zufällig auswählen. Sollten sie sich bewusst für überreifes, vergorenes Obst entscheiden, so sei die 14-Gramm-Ethanol-Berechnung lediglich eine „konservativ geschätzte Untergrenze“, sagt Robert Dudley, Professor für Integrative Biologie in Berkeley. Tatsächlich dürften Schimpansen in dem Fall noch deutlich mehr Alkohol über den Tag hinweg konsumieren, meint Dudley.

Anzeichen eines Rausches konnten die Forscherinnen und Forscher bei den Primaten nicht erkennen, dafür würde die konsumierte Menge nicht ausreichen, so Maro. Der konstante leichte Alkoholpegel könnte allerdings Hinweise für die Ursachen des menschlichen Umgangs mit Alkohol beinhalten.

Denn auch die frühen Menschen, enge Verwandte der heutigen Schimpansen, dürften sich zu großen Teilen von reifen und teils vergorenen Früchten ernährt haben. „Schimpansen konsumieren eine ähnliche Alkoholmenge wie wir täten, wenn wir täglich vergorene Früchte essen würden“, sagt Maro.

Der natürliche tägliche Kontakt mit Alkohol ging im Laufe der Evolution verloren. Aber: „Die Anziehungskraft, die Alkohol auf den Menschen ausübt, geht wahrscheinlich auf dieses Ernährungserbe unserer gemeinsamen Vorfahren mit den Schimpansen zurück", sagt Maro.

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