Eine Immo-Anzeige in Argentinien deckte Nazi-Raubkunst auf. Über einem Sofa hing ein Gemälde, das SS-Offizier Friedrich Kadgien einst gestohlen hatte.
80 Jahre nach Kriegsende taucht weltweit immer noch wertvolles Nazi-Raubgut auf. Nun ist ein Fall in Argentinien aufgeflogen – durch eine Immobilienanzeige auf einer Plattform.
Vergangene Woche ist der niederländischen Zeitung „AD“ eine Immobilienanzeige im argentinischen Badeort Mar del Plata aufgefallen. Konkret ein Bild, das über einem grünen Sofa im Wohnzimmer hing. Dabei handelte es sich um das Porträt einer Dame des Malers Giuseppe Ghislandi. Das Werk gehörte einst dem Amsterdamer Kunsthändler Jacques Goudstikker, dem während des Zweiten Weltkriegs mehr als 1.000 Kunstwerke von den Nazis gestohlen wurden. Der Wert des Bildes wird auf etwa 43.000 Euro geschätzt.
Die Wohnung läuft auf den Namen Patricia Kadgien, der Tochter des hochrangigen SS-Offiziers Friedrich Kadgien. Als die argentinische Polizei ausrückte, um das Bild zu suchen, war es zunächst verschwunden und wie vom Erdboden verschluckt. Folglich wurden sowohl Kadgien als auch ihr Mann unter Arrest gestellt. Der mediale Druck dürfte schlussendlich aber doch zu groß gewesen sein: Am Mittwoch wurde das Porträt einer Dame vom Familienanwalt an die Behörden übergeben. Das Ehepaar wolle zwar kooperieren, sei aber nach wie vor der Meinung, die rechtmäßigen Besitzer zu sein, und kündigte an, Beweise vorzulegen.
Nachdem der Fall publik wurde, haben argentinische Ermittler vier weitere Familienanwesen durchsucht – und wurden fündig. Im Haus einer weiteren Kadgien-Tochter wurden zwei Gemälde, Zeichnungen und Stiche entdeckt, die vermutlich ebenfalls als Nazi-Raubgut einzustufen sind, berichtet u. a. die BBC.
In der Nazi-Maschinerie galt SS-Offizier Kadgien als hohes Tier. Als Finanzberater von Hermann Göring war er für die Verwertung von enteignetem jüdischem Vermögen zuständig. Noch während und nach dem Krieg schaffte er ein Millionenvermögen in die Schweiz und nach Südamerika. Vermutlich setzte er sich über eine sogenannte „Rattenlinie“ nach Brasilien ab und baute dort lukrative Geschäfte auf, u. a. als Mittelsmann zwischen deutschen Firmen und der argentinischen Regierung. Kadgien verstarb 1978 in Buenos Aires und ist dort auf einem deutschen Friedhof begraben.