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Horst Mahler: RAF-Gründer stirbt als Neonazi

Horst Mahler: RAF-Gründer stirbt als Neonazi

Vom RAF-Terroristen zum Neonazi: Der frühere APO-Anwalt und spätere Holocaust-Leugner Horst Mahler ist im Alter von 89 Jahren gestorben.

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Der frühere RAF-Mitbegründer und spätere Neonazi Horst Mahler ist tot. Wie sein Anwalt Jan Dollwetzel mitteilte, ist Mahler am Sonntagnachmittag im Alter von 89 Jahren in einem Berliner Krankenhaus gestorben. Mahler galt als eine der umstrittensten Figuren der deutschen Nachkriegsgeschichte: In den 1960er-Jahren ein engagierter Linksanwalt, später ein rechtsextremer Ideologe, Holocaust-Leugner und mehrfach verurteilter Straftäter.

Geboren wurde Mahler 1936 in Schlesien. Aufgewachsen ist er nach dem Krieg in Dessau-Roßlau, später übersiedelte die Familie nach West-Berlin. In den letzten Jahren lebte Mahler, bereits schwer krank, in Kleinmachnow und Oberbayern.

Mahler gehörte zur ersten Generation der Roten Armee Fraktion (RAF). 1970 gründete er die linksterroristische Gruppe zusammen mit Andreas Baader und Gudrun Ensslin. Ziel der RAF war der bewaffnete Kampf gegen den westdeutschen Staat. Mahler war dabei eine zentrale Figur, nicht nur organisatorisch, sondern auch ideologisch.

Nach einem Banküberfall wurde er 1970 verhaftet und wegen Raubes sowie Gründung einer kriminellen Vereinigung zu 14 Jahren Haft verurteilt. Die RAF bezeichnete er später als "verzweifelte Antwort auf ein System". Verteidigt wurde Mahler unter anderem vom späteren Bundesinnenminister Otto Schily (SPD).

Vor seiner RAF-Zeit war Mahler ein angesehener Rechtsanwalt mit Verbindungen zur außerparlamentarischen Linken (APO). Er vertrat prominente Akteure wie Beate Klarsfeld, Rudi Dutschke und Rainer Langhans. Sein politisches Engagement machte ihn in der Studentenbewegung bekannt.

Nach seiner Entlassung aus dem Gefängnis 1980 wurde Mahler 1987 – auf Betreiben seines damaligen Verteidigers Gerhard Schröder – wieder als Anwalt zugelassen. Damit war er zurück im System, das er einst bekämpft hatte. Seine politische Richtung sollte er in den folgenden Jahren radikal ändern.

In den 1990er-Jahren wandte sich Mahler dem rechtsextremen Lager zu. 2000 trat er der NPD bei und wurde deren Parteianwalt im ersten Verbotsverfahren vor dem Bundesverfassungsgericht. Später erklärte Mahler, die NPD sei ihm "nicht radikal genug". Es folgten antisemitische Schriften, offene Holocaust-Leugnung und zahlreiche öffentliche Auftritte mit rechtsextremen Inhalten.

Mahler wurde damit zur prägenden Figur in der deutschen Neonazi-Szene. Gleichzeitig distanzierte er sich immer wieder öffentlich von seiner RAF-Vergangenheit. Der politische Wandel vom linken APO-Juristen zum rechten Hetzer war abgeschlossen.

Bereits 2005 wurde Mahler wegen Volksverhetzung zu neun Monaten Haft verurteilt. Beim Haftantritt zeigte er den Hitlergruß und erhielt dafür eine zusätzliche Freiheitsstrafe von weiteren sechs Monaten. Es folgten weitere Prozesse und Verurteilungen, unter anderem 2009 durch das Landgericht Potsdam: zehn Jahre und zwei Monate wegen mehrfacher Leugnung des Holocausts.

Von 2009 bis 2020 saß Mahler in der Justizvollzugsanstalt Brandenburg an der Havel. Nach seiner Entlassung wurde er erneut angeklagt, 2022 begann ein Verfahren wegen elf Fällen von Volksverhetzung. Mahlers Gesundheitszustand verschlechterte sich in dieser Zeit massiv: Wegen Diabetes wurden ihm beide Unterschenkel amputiert, er war dauerhaft auf den Rollstuhl angewiesen. Im April 2023 stellte das Gericht das Verfahren aufgrund seines schlechten Gesundheitszustands schließlich ein.

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