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Gmeiner: Debatte um Umbenennungen

Gmeiner: Debatte um Umbenennungen

Gmeiner: Debatte um Umbenennungen

Nach dem Bekanntwerden schwerer Missbrauchsvorwürfe gegen den 1986 verstorbenen Gründer der SOS-Kinderdörfer, Hermann Gmeiner, wird über die zahlreichen Zentren, Plätze und Straßen diskutiert, die seinen Namen tragen. In Niederösterreich ist das u.a. in St. Pölten und Hinterbrühl der Fall.

Der Gründer der SOS-Kinderdörfer wurde an zahlreichen Orten gewürdigt. Straßen bzw. Wege in ganz Österreich tragen seinen Namen. Laut dem Straßenverzeichnis der Statistik Austria sind es mindestens 14.

In Hinterbrühl (Bezirk Mödling) will man über eine Umbenennung der Dr. Hermann-Gmeiner-Gasse und der Hermann-Gmeiner-Schule diskutieren. Es gelte, "mit Vernunft und Augenmaß" und gleichzeitig den Erkenntnissen der heutigen Zeit entsprechend zu handeln, sagte Bürgermeister Erich Moser (ÖVP) gegenüber noe.ORF.at. Laut Moser werde man die Causa im Gemeinderat oder in einem Ausschuss allenfalls mit externer Beratung behandeln.

In St. Pölten, in der sich eine Hermann-Gmeiner-Gasse befindet, verweist man auf geplante Zusatzschilder. Diese sollen künftig bei sogenannten "belasteten Straßennamen" – aber auch bei besonders positiv besetzten Bezeichnungen – angebracht werden und mittels QR-Code über die betreffenden Personen informieren – mehr dazu in St. Pölten: Zusatzschilder für belastete Straßennamen (noe.ORF.at; 12.10.2025).

Der Antrag werde dem Gemeinderat in der nächsten Sitzung zur Beschlussfassung vorgelegt, heißt es. "Wir gehen damit einen eigenen St. Pöltner Weg, womit wir gleichzeitig auch Widerstandskämpfer:innen, NS-Opfer und Persönlichkeiten, die Positives geleistet haben, ins Bewusstsein der Bevölkerung rücken können", wurde mitgeteilt.

Die Kinder- und Jugendhilfereferenten der Bundesländer haben sich bei ihrem Treffen in Salzburg am Freitag "zutiefst betroffen" zu den zuletzt bekannten Vorwürfen gezeigt. Die Konferenz "erwartet sich vollste Transparenz und Kooperation vonseiten des SOS-Kinderdorfs. Dazu gehört auch die umgehende und umfassende Bereitstellung aller für eine grundlegende Aufarbeitung notwendigen Unterlagen", heißt es in einer gemeinsamen Erklärung.

Salzburgs Soziallandesrat Wolfgang Fürweger (FPÖ) ging in einer Aussendung weiter: Er forderte namens seines Bundeslandes zum einen eine öffentliche Entschuldigung "ohne Ausflüchte und ohne PR-Formulierungen. Eine ehrliche und persönliche Anerkennung des Leids ist längst überfällig". Zudem erwarte er sich eine lückenlose und transparente Aufklärung, ein tragfähiges Sicherheits- und Kontrollsystem, das neue Vorfälle ausschließe, und bis Ende 2026 einen Abschlussbericht mit strukturellen Maßnahmen.

Gegen den verstorbenen Gründer der SOS-Kinderdörfer, Hermann Gmeiner, gibt es schwere Missbrauchsvorwürfe. Wie die Organisation am Donnerstag mitteilte, steht der Gründer im Verdacht, an zumindest acht minderjährigen Buben "sexuelle Gewalt und Misshandlungen" ausgeübt zu haben.

Aus der Organisation hieß es, dass im Opferschutzverfahren acht dokumentierte Fälle zu Gmeiner vorliegen. Die Meldungen stammen aus Opferschutzverfahren der Organisation in den Jahren 2013 bis 2023. Die Übergriffe selbst sollen in den 1950er- bis 1980er- Jahren an vier Standorten in Österreich stattgefunden haben.

Weitere Opfer Gmeiners könne man nicht ausschließen. Die acht Betroffenen wurden mit bis zu 25.000 Euro entschädigt, zudem wurden Therapieeinheiten bezahlt. Gmeiner stand wegen der mutmaßlichen Verbrechen nie vor Gericht.

Die Organisation teilte mit, sich neu aufstellen zu wollen. Es soll "kein kleines Update, sondern ein umfassender Neustart der Organisation erfolgen", sagte Kinderdorf-Geschäftsführerin Annemarie Schlack. Schon seit 2010 gibt es kaum noch "Kinderdorffamilien", die meisten der 1.800 Kinder und Jugendlichen werden von den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in Wohngemeinschaften von acht bis neun Personen betreut.

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