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Ukraine, Klima, Mercosur: EU-Gipfelbilanz mit vielen offenen Fragen

Ukraine, Klima, Mercosur: EU-Gipfelbilanz mit vielen offenen Fragen

Ukraine, Klima, Mercosur: EU-Gipfelbilanz mit vielen offenen Fragen

Ob der weitere Fahrplan bei den EU-Klimazielen, dem Umgang mit eingefrorenem russischem Vermögen oder dem Mercosur-Abkommen: Bei zentralen Themen des jüngsten Treffens der EU-Staats- und Regierungschefs in Brüssel bleiben viele Fragen offen.

"Eine vollgepackte Tagesordnung versprach ein Feuerwerk. Aber nichts kam wirklich in Gang", lautete am Freitag die ernüchternde Gipfelbilanz des Nachrichtenmagazins "Politico". Dabei habe der 12,5-stündige Gipfel sehr vielversprechend begonnen, wie es mit Verweis auf das von der Slowakei aufgehobene Veto und damit dem grünen Licht für ein neues Russland-Sanktionspaket hieß.

Nichts wurde es letztlich aber mit der im Vorfeld noch erwarteten Einigung, eingefrorene russische Vermögenswerte zur Finanzierung eines 140-Milliarden-Euro-Kredits für die Ukraine zu nutzen.

Belgien stellte sich quer – und die Entscheidung bzw. ein neuerlicher Anlauf wurde auf Dezember vertagt. Man habe noch zu klärende Punkte identifiziert, hieß es dazu vonseiten der Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen. Es gelte noch, die "technischen und rechtlichen Aspekte" auszuarbeiten, sagte Ratspräsident Antonio Costa, der laut "Politico" aber hervorhob, dass niemand ein Veto eingelegt habe.

Laut Costa sei die EU zudem "entschlossen, den dringenden Finanzbedarf der Ukraine für die nächsten zwei Jahre zu decken, einschließlich der Unterstützung ihrer militärischen und verteidigungspolitischen Bemühungen".

Wenn nicht das russische Vermögen genutzt werden kann, müssten die EU-Staaten das Geld anderweitig aufbringen – so Beobachter, die angesichts der hohen Verschuldung etwa in Frankreich und Italien gleichzeitig von einem wohl schwierigen Unterfangen sprachen. Der ukrainische Präsident und Gipfelgast Wolodymyr Selenskyj zeigte sich dennoch betont optimistisch und erwartete eine baldige Einigung. Er machte aber auch deutlich, dass die Ukraine das Geld dringend benötige.

Auf der Agenda der Staats- und Regierungsspitzen stand mit der Festlegung von Leitlinien für das EU-Klimaziel 2040 zudem eine weitere Großbaustelle der Europäischen Union. Dem Klimaschutz wurde im Abschlussdokument des Gipfels kein eigenes Kapitel gewidmet, vielmehr findet sich das Thema unter den "Schlussfolgerungen zur Wettbewerbsfähigkeit".

Diesen Ausführungen zufolge seien die Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit und die Förderung des ökologischen Wandels "sich gegenseitig verstärkende Ziele, die gemeinsam verfolgt werden müssen". Bei den Klimazielen forderten die Staats- und Regierungsspitzen folglich mehr Flexibilität und Pragmatismus – etwa in Form einer Überarbeitung des Verbrenner-Aus.

Nur eine starke Wirtschaft würde die Basis bieten, um Klimaziele überhaupt erreichen zu können, wie Kanzler Christian Stocker (ÖVP) dazu im Ö1-Morgenjournal sagte. Und der "Fokus" sei jetzt einmal auf Wettbewerbsfähigkeit gelegt.

Bei der Frage, wie es mit den EU-Klimazielen weitergeht, sind am 4. November nun die EU-Umweltminister und -ministerinnen am Zuge. Die EU ist mit der Nennung konkreter Klimaziele säumig und steht diesbezüglich auch mit Blick auf den nächsten, ab 10. November in Brasilien angesetzten UNO-Weltklimagipfel unter Druck. Erklärtes Ziel der EU-Kommission war es bisher, den Treibhausgasausstoß bis 2040 um 90 Prozent im Vergleich zu 1990 zu senken.

"Wir haben keine Entscheidung getroffen", stellte Costa schließlich beim EU-Langzeitthema Mercosur klar. Bei dem seit mittlerweile 25 Jahren debattierten EU-Handelsabkommen mit Argentinien, Brasilien, Uruguay und Paraguay gab es zuletzt zwar einiges an Bewegung. Ob es die von Deutschlands Kanzler Friedrich Merz in Brüssel in den Raum gestellte Einigung auf europäischer Ebene bereits gibt, bleibt dennoch fraglich.

Während Merz sagte, "der Weg ist frei für Mercosur", verwies etwa Frankreichs Präsident Emmanuel Macron auf noch laufende finale Arbeiten an dem Abkommen. Auch Stocker sagte, dass er dem Abkommen aktuell gar nicht zustimmen könne. Laut EU-Diplomaten stünden bis zum Anlaufen des Ratifizierungsverfahrens dennoch nur mehr formale Schritte aus. Zur finalen Einigung bedürfe es aber noch der Zustimmung der Mitgliedsstaaten, und hier gebe es durchaus weiter offene Fragen.

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