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Neues Paket: Mietervertreter zufrieden, Vermieter erbost

Neues Paket: Mietervertreter zufrieden, Vermieter erbost

Die Bundesregierung hat am Mittwoch neue Regeln für den Mietwohnungsmarkt vorgestellt, die erstmals den Eingriff in die Preise ungeregelter Mieten ermöglichen. Die Reaktionen sind unterschiedlich, je nach Perspektive. Die Opposition lässt an dem Mietpaket kein gutes Haar.

Das neue „Mieten-Wertsicherungsgesetz“ soll nach Worten von Vizekanzler Andreas Babler (SPÖ), Wirtschaftsminister Wolfgang Hattmannsdorfer (ÖVP) und Staatssekretär Sepp Schellhorn (NEOS) schon Anfang 2026 in Kraft treten und nun auch in die freien Mieten eingreifen können. Bei Fachleuten findet das Paket positive Resonanz.

Für den Immobilienmarktexperten Wolfgang Amann ist der Mechanismus gut, „insbesondere wenn für die Konsumenten klar ist: Er gilt für alle Mietverhältnisse.“ Auch die gewählte Höhe der Mietpreisbremse sei „eine ausgewogene Lösung“, sagte Amann im Ö1-Mittagsjournal.

Dass die neue Regelung oft schlagend werden wird, glaubt Amann aber nicht. Das Ziel der Regelung sei eher, Ausreißer zu glätten und große Sprünge wie in den Jahren 2022 und 2023 künftig zu vermeiden.

Die Reaktionen aus Politik und Wirtschaft fielen indessen gemischt aus. Dem gewerkschaftsnahen Momentum Institut geht die angekündigte Mietpreisbremse nicht weit genug. Es plädierte am Mittwoch dafür, die Indexsteigerungen dauerhaft bei maximal zwei Prozent jährlich zu begrenzen.

Dagegen sorgte sich die wirtschaftsliberale Agenda Austria eher um die Vermieter. „Vermieter können sich heute nicht für Jahrzehnte an einen Vertrag binden, weil sie nicht wissen, um wie viel die Mietpreisbremse ihre laufenden Einnahmen in den nächsten 30 Jahren real entwerten wird“, so die Agenda Austria.

Für die Vereinigung Österreichischer Projektentwickler (VÖPE) ist die Bremse „defekt“. „Die Auswirkung der neuen Regel für Mieterinnen und Mieter ist praktisch nicht vorhanden, der wirtschaftliche Vertrauensschaden in die Schaffung von leistbarem Wohnraum jedoch enorm“, hieß es in einer Stellungnahme. Zudem werde die Komplexität des Mietrechts erhöht.

Der Österreichische Haus- und Grundbesitzerbund (ÖHGB) sprach in seiner Reaktion von Täuschungen durch Schlagworte wie „explodierende Mieten“. Die Zahlen würden belegen, dass die Hauptmietzinse seit 2020 vier Prozent unter der Inflation gestiegen seien. „Die eigentlichen Ursachen der Teuerung werden ignoriert – stattdessen werden Vermieter bestraft“, sagte ÖHGB-Präsident Martin Prunbauer. Man brauche „Verlässlichkeit, nicht Regulierungsexzesse“.

Auch der Österreichische Verband der Immobilienwirtschaft (ÖVI) hieß den Eingriff in die Wertsicherung von Mieten nicht gut. Private Vermieter würden so zu Unrecht für die Inflation verantwortlich gemacht.

Positive Wortmeldungen gab es dagegen von der ARGE Eigenheim und der Mietervereinigung (MVÖ). „Besonders wichtig ist, dass WGG-Mieten (Mieten nach Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz) von weiteren Deckelungen ausgenommen bleiben“, hieß es da. Damit werde anerkannt, dass Gemeinnützige bereits günstige Mieten anbieten würden. Auch die Verlängerung der Mindestbefristung auf fünf Jahre sei erfreulich.

„Das vorgestellte Paket wird nun erstmals auch Hunderttausenden Haushalten im ungeregelten Bereich mehr Sicherheit bieten“, sagte zudem der frühere SPÖ-Politiker und heutige MVÖ-Präsident Georg Niedermühlbichler.

Die Arbeiterkammer Wien sah in der Bremse ebenfalls einen „wichtigen Schritt für Mieterinnen und Mieter im Kampf gegen die steigenden Lebenshaltungskosten“.

Wie im Regierungsprogramm angekündigt, will die Koalition mit dem Paket neue Regeln für den privaten wie den regulierten Bereich. Die Mietpreisbremse im regulierten Bereich wird verlängert. 2026 dürfen die rund 600.000 Richtwert- und Kategoriemieten sowie alle Mieten auf Basis des „angemessenen Mietzinses“ – also bei allen Wohnungen im Vollanwendungsbereich des Mietrechtsgesetzes – nur um maximal ein Prozent steigen, 2027 um maximal zwei Prozent. Die Mindestbefristungen werden von drei auf fünf Jahre verlängert.

Vorgesehen ist auch ein „Bremsanker“, sobald die Inflation in zwei Jahren mehr als drei Prozent beträgt. In diesem Fall darf der über drei Prozent hinausgehende Teil der Inflation nur noch zur Hälfte an die Mieterinnen und Mieter von Wohnungen weitergegeben werden. Gelten soll die Mietpreisbremse im ungeregelten Bereich „mit ein paar geringfügigen Ausnahmen“ für alle neuen und auch für alle bestehenden Verträge, wie Babler ausführte.

Es dürfen Mieten nur noch einmal jährlich erhöht werden. Bei einer Inflation von über drei Prozent darf der Teil darüber nur noch zur Hälfte weitergegeben werden.

„Ein Mietpreisbremserl folgt dem nächsten, und der soziale Wohnbau wird weiter an Investoren ausverkauft“, kritisierte FPÖ-Bautensprecher Michael Oberlechner in einer Aussendung das von der Regierung beschlossene Mietpaket. Vielmehr handle es sich „um den kleinsten gemeinsamen Nenner“, so Oberlechner. Die Mietpreisbremse werde „weder im Bereich von Wiener Wohnen für Leistbarkeit sorgen noch die Entwicklung der freien Mieten wirklich drosseln“.

Kritik kam auch von den Grünen: „Statt einem konsequenten Vorgehen gegen Miethaie, wie das im Wahlkampf angekündigt wurde, verschafft die SPÖ mit ÖVP und NEOS der Immobilienlobby massive Vorteile“, teilte Wohnbausprecherin Nina Tomaselli per Aussendung mit. Die nun präsentierte Mietreform sei „weit entfernt von den längst überfälligen Lösungen“.

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