Die Regierung versucht den Gehaltsabschluss der öffentlich Bediensteten für das kommende Jahr noch einmal aufzuschnüren. In einem Brief an die Belegschaftsvertretung, der der APA vorliegt, lädt Staatssekretär Alexander Pröll (ÖVP) die Vorsitzenden der Beamten- und der Gemeindebediensteten-Gewerkschaft, Eckehard Quin und Christian Meidlinger, zu „einem Gespräch zur Gehaltsentwicklung“. Eigentlich hatte man im Vorjahr schon für 2026 abgeschlossen, und zwar mit 0,3 Prozent über der Inflation.
Damals war die budgetär ausnehmend schwierige Lage, unter der die nunmehrige Regierung stöhnt, noch nicht bekannt. Der nach der Nationalratswahl weiter für die Beamten zuständige Minister Werner Kogler (Grüne) einigte sich gemeinsam mit dem Finanzministerium und der Gewerkschaft darauf, für 2025 mit im Schnitt 3,5 Prozent um 0,3 Prozent unter der Teuerung abzuschließen, das aber im Jahr darauf aufzuholen.
Die Drohung mit Kampfmaßnahmen hatte den Abschluss beschleunigt. Der entsprechende Kompromiss wurde dann vom Nationalrat auch von allen Parteien außer NEOS beschlossen.
Angesichts der budgetären Nöte waren in den vergangenen Wochen in der Koalition bis zu Kanzler Christian Stocker (ÖVP) hinauf Stimmen laut geworden, die nochmalige Gespräche mit der Gewerkschaft befürworteten. So hatte Stocker im ORF-„Sommergespräch“ gemeint, er sehe Gesprächsbereitschaft im öffentlichen Dienst, wo man „im Einvernehmen“ mit der Gewerkschaft auch unter dem eigentlich gesetzlich geregelten Wert abschließen könne.
Dass die Koalition in keiner guten Verhandlungsposition ist, sieht man an Prölls Formulierung in dem Schreiben: Es sei der Regierung bewusst, dass Gespräche „vor dem Hintergrund des bereits beschlossenen Abschlusses für 2026 eine besondere Herausforderung“ darstellten.
Dennoch machte er in der schriftlichen Stellungnahme klar, dass die Regierung von dem Beschluss abrücken will. „Gerade in aktuell herausfordernden Zeiten müssen wir in allen Bereichen unserer Verantwortung nachkommen.“ Dabei dürfe es keine Tabus geben, betonte der für die Beamten zuständige Staatssekretär.
Der Regierung sei klar, dass es schon einen Gehaltsabschluss für 2026 gegeben habe. Vor dem Hintergrund der budgetären Situation und um zu verhindern, dass drastischere Maßnahmen ergriffen werden müssten, werde man dennoch in Gehaltsverhandlungen eintreten, kündigte Pröll an: „Denn es braucht eine Anstrengung und einen Beitrag aller.“
Finanzminister Markus Marterbauer (SPÖ) ersuchte schon im Vorhinein um Verständnis. Dass man das Gespräch anstrebt, begründete er mit „der hohen Inflation und dem notwendigen strengen Budgetvollzug“.
Die Gewerkschaft Öffentlicher Dienst, die die Gespräche traditionell leitet, äußerte sich bisher öffentlich nicht, was unter dem noch immer relativ neuen Vorsitzenden Quin allerdings nicht unüblich ist. Sämtliche Anfragen der APA blieben in den vergangenen Tagen unbeantwortet. Dass das gesetzlich bereits festgehaltene Gehaltsplus ohne Einverständnis der Gewerkschaft im Nationalrat noch einmal aufgeschnürt wird, ist nicht unmöglich, wäre aber schwierig.
So sitzt in den Reihen der ÖVP mit Romana Deckenbacher die Chefin der Fraktion der Christgewerkschafter im Nationalrat, auch die Vorsitzenden der beiden Großgewerkschaften GPA und PRO-GE, Barbara Teiber und Reinhold Binder (beide SPÖ), würden sich mitten in der Herbstlohnrunde wohl schwertun, eine auf Sozialpartnerebene paktierte Gehaltserhöhung gegen den Willen der Gewerkschaft wieder aufzuheben. Einzig NEOS wäre wohl auch gegen den Widerstand der Belegschaftsvertretung zu so einem Vorgehen bereit.
Eher ungewöhnlich ist auch das Prozedere. In normalen Jahren bittet nämlich die GÖD um die Aufnahme der Gehaltsgespräche, erst danach lädt die Regierung ein. Heuer ist von solch einem Ansinnen zumindest öffentlich nichts bekannt, wohl auch, weil sich die Gewerkschaft ja auf den Doppelabschluss aus dem Vorjahr berufen kann.